Startseite, Neuigkeiten, Hitlisten, Maler, Schriftsteller, Reisender, Musiker, Webdesigner, Künstler, Impressum
Romane, Autoreninfo, Bibliographie, Lebenslauf, Werkdaten, Auszüge, Interviews
Gedichtetes, Prosa, Kurzgeschichten, Autobiografien, Rezensionen, Fan-Fiction, Vorschau
Space Survivors, Bomb Jack, Jeder Gedanke, Die Monocenter, Macht hoch die Tor, Zeit für eine bessere Welt,
Kroete28 antwortet nicht, Die Geschichte der Fata Morgana, Gedanken eines freien Menschen in einer Demokratie
Macht hoch die Tor


Marco fuhr wie ein Bekloppter.
Unzählige Male war er diese Waldstrasse schon entlang gefahren. - Er kannte sie wie seine Westentasche.
Es war stockdunkel und er war im Geschwindigkeitsrausch und trat das Gaspedal voll durch.
Hier konnte er den Wagen mal so richtig ausfahren, weil hier weit und breit keine Menschen wohnten.
Die dumpfe Bassdrum, kloppte ihm mit 144 Beats per Minute um die Ohren, aus seiner 1200,- DM Anlage. Für Marco war dies schon einer der komplizierten Songs, da im Text mehr als 10 verschiedene Worte vor kamen.
Es war eine Sternenklare Nacht und draußen war es kalt, wie es sich für Februar im Gebirge gehört. Langsam kam ein Auto auf der Gegenfahrbahn näher und als Marco vorbei rauschte, konnte man ein verkniffenes Lächeln in seinem Gesicht erkennen, als er sich vorstellte, wie sich der andere Fahrer über seinen Fahrstil aufregen würde.
Der Tacho zeigte 115 kmH an als Marco seinen Augen nicht traute. Hinter einem Baum schritt plötzlich ein nacktes Mädchen hervor auf die Fahrbahn. Sie mochte vielleicht 8 Jahre alt sein und sah mit todernsten Gesicht in den Strahl der Scheinwerfer von Marcos Auto.
Sofort trat er in die Bremse, doch es war unmöglich noch auszuweichen.
- Aufprall. -
Eine Ladung Blut sprühte über die Windschutzscheibe. An mehreren Stellen des Autos ertönten kurze dumpfe Knallgeräusche und der Abgetrennte Kopf des Mädchens ließ die Scheibe zersplittern.
Marco schrie wie am Spieß. Er glaubte sich gegen einen Baum fahren zu sehen, doch dann überschlug sich der Wagen ein paar Mal und kam schließlich auf den Rädern wieder zum stehen. Die Tür ging sofort auf und Marco schmiss sich aus dem Wagen auf das taufeuchte Waldlaub und kotzte alles aus seinem Körper heraus was er heraus bekam.


Als er nach ca. 5 Minuten durch seine verheulten Augen die Umgebung wieder sehen konnte, kam ein verkratztes, fragendes "Was?" aus seinem Hals. Nichts deutete auf den Unfall, den er verursachte hin. Sein Auto hatte nicht einen Kratzer und auf der Strasse lagen nicht die verstreuten Körperteile des Mädchens.
- Nichts. -
"Das kann doch nicht sein", dachte er. Doch auch nachdem er die Strasse mehrmals abgesucht hatte, fand er nicht den geringsten Hinweis dafür, das hier das statt gefunden hatte, was er glaubte erlebt zu haben.
Obwohl er es nicht verstand, war er nur allzu bereit sich damit abzufinden, das er niemanden überfahren hatte, und schon gar nicht ein nacktes Mädchen mitten in der Nacht.
Er setzte sich in seinen Wagen und zog die Tür zu.
- Der Schlüssel steckte.
Seine Hand zitterte noch so sehr das er Probleme hatte den Schlüssel zu greifen. Vorsichtig drehte er den Schlüssel um und der Wagen sprang sofort an wie er es gewohnt war.
Mit einem komischen Gefühl und einem seltsamen, unbekannten Geruch, der von der nächtlichen Waldluft kommen musste, fuhr er langsam wieder auf die Strasse. Dieses mal lies er die Musik aus.
"Nichts wie nach Hause!", dachte er, und wurde langsam wieder schneller. Der seltsame Geruch ging ihm nicht aus der Nase und er fragte sich ob es tatsächlich Waldluft war. Er hielt seine Nase an den Wunderbaum am Rückspiegel doch den konnte er nicht riechen. Er roch nur das, was er als fahles schimmliges Blau empfand, vermischt mit herben Rauch.
Die Bäume schnellten an ihm vorbei, - der Tacho zeigte 75 kmH.
"Das kann nicht sein!" Er trat auf die Bremse, doch der Wagen schien schneller zu werden.
Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
Nach der Geraden müsste der Wagen aus der Kurve getragen werden und an den Bäumen zertrümmern. Marco zog an der Handbremse, doch er spürte keine Wirkung und fing in seiner Panik an zu schreien.
Das Auto nahm die Kurve mit Leichtigkeit doch es schien jetzt entgegen der Tachoanzeige, auf der immer noch 75 kmH zu lesen waren, mindestens 200 kmH fahren.
Der Geruch wurde nun immer stärker und schien kalt durch die Windschutzscheibe hindurch zu wehen. Die ersten Häuser der Stadt rasten an ihm vorbei, als Marco sein eigenes, gellendes Schreien erschreckte, das er nicht mehr stoppen konnte.
Er hatte sich so sehr verkrampft das er nicht mehr aufhören konnte und umklammerte das Lenkrad als wollte er es in seinen Fäusten zu Staub zerdrücken. Eine schmerzvolle, unbarmherzige Kälte erfüllte seinen Körper, während er mit einer Geschwindigkeit durch die Stadt raste, die sämtliche Lichtpunkte zu immer länger werdenden Strichen verschwimmen ließ.
Ein stechender Schmerz überkam seine Hände und er sah wie seine Haut glühte und sich langsam von den Fingerspitzen her vom Fleisch schälte. Sein Schreien wurde immer hysterischer und verlor die ganze Zeit über kein Stück an Lautstärke. Das Motorengeräusch wurde immer lauter und schließlich loderte draußen eine gleißende Stichflamme auf und entzündete das pure Wagenblech.
Das Auto verwandelte sich in einen glühenden, rasenden Feuerball.
Marco sah in den Rückspiegel und erkannte sich nur noch mit wenig, von den Knochen tropfenden, zerfließenden Fleischstücken am Schädel, durch die das weit aufgerissene Gebiss zu sehen war. Die Augen lagen fast frei und schienen kurz davor zu sein, aus ihren Höhlen zu fallen.
Oft wollte er schon mit Lichtgeschwindigkeit reisen, - jetzt tat er es.
Wahrscheinlich gefiel ihm nur das Ziel nicht!


Am nächsten Morgen, fand man sein Auto auf der Waldstrasse, total zertrümmert an einem Baum.
Marco hing über dem Lenkrad mit einem Genickbruch und sein rechtes offenes Auge schien auf den Tacho zu schielen, der 75 kmH anzeigte.


Seltsam aber so steht es geschrieben!


Thomas Adams (1995/1996)