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Zeit für eine bessere Welt


"Time to choose a better world - Psychoburbia" - hämmernde Beats versetzten seinen ganzen Körper in einen einzigen Adrenalinrausch. Die Acid-Bassline durchschwebte sein Gehirn und die Synthetiksounds blitzten im inneren seiner Schädeldecke, als er sich dieses antike Meisterwerk im Sensesurround System rein zog.
"Time to choose a better world" - "Zeit sich eine bessere Welt zu suchen." - Immer wieder musste er daran denken. Diese Worte waren ihm in den letzten Wochen nicht aus dem Kopf gegangen, und heute war es vielleicht so weit, heute würde er sich vielleicht eine bessere Welt aussuchen. Es ist schon verrückt, - wir schreiben das Jahr 2374 und er zog sich die Musik einer Band rein, die über 300 Jahre alt ist. Aber er konnte sich diesem genialen Sound nicht entziehen. Nur rein zufällig, hatte er den Song in einer alten Datei gefunden die einem Sänger gehörte der auch schon lange tot war. Nachdem er sich auf die Suche begab, fand er mehr als 70 Remixe, allein von dem Stück Psychoburbia, wovon allerdings nur 2 legal zugänglich waren, und auch die waren nicht so leicht zu finden, wenn man nicht ein Computergenie wie er war.
Ja, es hatte schon Vorteile, wenn man sich mit der aktuellen Internetelektronik auskannte. Dummerweise, hatte er sich vor drei Monaten einen üblen Fehler erlaubt und eine Spur in einem System hinterlassen, in das er zum x-ten Male illegal einbrach. Ein Flüchtigkeitsfehler, als er in freudige Erregung geriet und ein Dance or Die-Album von 1998 entdeckte. Er vergaß den automatischen Spurlöscher einzuschalten, bevor er eindrang und die nachträgliche Spurbearbeitung konnte innerhalb eines berechenbaren Zeitrahmens wieder aufgedeckt werden. In zwei Wochen werden sie wissen wo er wohnt. Wenn sein Standort erst einmal lokalisiert wurde, werden sich wohl eine ganze menge Leute für ihn interessieren und er wird wahrscheinlich auf mysteriöse Weise verschwinden. Aber wenn alles nach Plan läuft werden sie nur noch seine leblose menschliche Hülle finden.
Das Paket müsste heute geliefert werden.
"Bitte entschuldigen sie noch einmal die Fehlprogrammierung durch die sie ihr Programm einen Tag später als vorgesehen bekommen werden, es tut mir furchtbar leid!" sagte die erotische Stimme am Teleschirm. Er versuchte sich vorzustellen wie sie wohl aussehen mochte. Er empfand es immer als aufregend wenn aus irgendwelchen seltenen Ereignissen der Gesprächspartner nicht zu sehen war. Die Regel war in so einem Fall, das der Gegenüber anonym bleiben wollte und sich mit entsprechender Software selbst verdeckte. Im Multimediacenter war aber an diesem Tage ein Virusjäger, der das halbe System lahm legen musste. Aus diesem Grunde konnte er bei seiner Bestellung, die wahrscheinlich aufregende Sekretärin nicht sehen. Er stellte sie sich vor und sah ein süßes Gesicht, mit dunkelbraunen, gewellten Haaren und einer weißen Firmenschleife im Haar. Er stellte sich knallrote Lippen vor, endlos lange, samtweiche Beine, und feste, pralle Brüste. Ach ja, Frauen. - Wie sehr sehnte er sich nach einer Frau. Er war zwar erst 17 aber in einer Welt in der fast alle Jugendlichen mit 11 ihre ersten sexuellen Erfahrungen machten war er ein hoffnungsloser Fall. Aber die anderen schienen für ihn auch lediglich auf Sex aus zu sein. Es sah ganz so aus als würde er auf "normalem" Wege, keine Frau bekommen. Sicher, - wenn man gut aussieht, lügt das sich die Balken biegen und denen sonst was verspricht, dann kann man jeden Abend eine andere im Bett haben. Aber das war nicht sein Ding.
- Dann eben nicht!
Warum wollte er sich eine "bessere Welt" suchen. Auf seinen Streifzügen durch gesperrte streng geheime Datenbanken, entdeckte er die Hintergründe des angeblichen Fortschrittstillstandes und es kotzte ihn an. Wie viele Professoren, Doktoren und Erfinder wurden beseitigt? Wie viele Internet-Elektriker, Hacker, Genies wurden umgebracht um dieses Gerücht aufrecht zu erhalten. Er hatte die Impfstoff-Formeln gegen Aids entdeckt, doch es wurde wegen der Überbevölkerung zurückgehalten. Er hatte Impfstoffe gegen Karies und alle anderen Zahnkrankheiten gesehen, die von einer eingeschworenen Zahnarztvereinigung zurückgehalten wurden, die sich um ihre Arbeitsplätze sorgten. Die Lösung gegen das Ozonloch wurde nicht veröffentlicht weil die Autoindustrie sterben würde. Die Liste ging fast endlos weiter. Es bestanden Formeln, ausgearbeitete Pläne und Programme um den Hunger in der dritten Welt zu stoppen, Umweltverschmutzung, das sinnlose Abholzen von Wäldern oder aussterbende Tierarten. Kaum jemand müsste noch arbeiten. Es würde genügen wenn jeder sein Hobby zur Arbeit machen würde und die Welt könnte glücklich und produktiv in Harmonie existieren. Doch aufgrund mangelnder Zusammenarbeit der verschiedenen Länder und Geldgier der Konzernobersten scheitert alles und bleibt streng behütet unter Verschluss. Es wäre ja wohl noch schöner wenn jeder gleich wäre und Geld keinen Wert mehr hätte. Das werden die Reichen, - sprich die Politiker, - nie zulassen. Deshalb wurde ihm schlecht wenn er sich diese Welt ansah. Doch auch wenn man diese Informationen nicht hatte , konnte man sich denken wie es steht. Aber da draußen benutzt eh' keiner sein Hirn und keiner hinterfragt warum alle mit 25 ihre Midlife-Crisis haben und mit 30 impotent sind.
- Die Türklingel schellt - Das Paket.
Sein Ticket in eine bessere Welt.
Er eilt zur Tür und als er wieder kommt, reißt er ein großes Paket in seinen Händen, aufgeregt auf. - Da ist es. - Seine Welt. Die Datei- Installations Hardware zu seiner Cybermindworld. Ein Planet 10 mal so groß wie die Erde, mit über 2000 Großstädten, denen Tokio, Miami und New York zusammen nicht das Wasser reichen können. Das Cybermindsystem war noch nicht lange offiziell auf dem Markt. Es wird direkt an das Gehirn angeschlossen und galt als nicht ganz ungefährlich. Aber er hatte natürlich schon die nötigen Änderungen in Austauschdateien vorgenommen. Normalerweise war das Programm auf die Maximaldauer von einer Stunde fixiert um zu verhindern das Spiel und Realität sich im Gehirn miteinander vermischen. Die Zeituhr hatte er allerdings völlig entfernt, was gar nicht so leicht war, da immerhin 3 verschiedene aktuelle Sicherheits-Ausfallprogramme eliminiert werden mussten. Zusätzlich gab es 5 Wächterprogramme, welche eine unterbrechungsfreie Stromversorgung garantieren sollten. Diese Programme hatte er durch eine Zeituhr ersetzt, die nach 24 Stunden automatisch den Strom unterbrechen würde. Nur zur Sicherheit würde die Uhr den Strom nach einer Stunde noch einmal zuschalten. Er ging allerdings davon aus, das dies schon nicht mehr nötig sein würde, da er zu diesem Zeitpunkt schon nur noch durch seine Gehirnwellen im Internet auf einer sicheren Datenbank existieren würde. Seiner Spielfigur hatte er natürlich Unsterblichkeit verliehen genau wie seiner Partnerin, die nur darauf fixiert wäre ihm das Leben in der neuen Welt so angenehm wie möglich zu gestalten. Er konnte es kaum erwarten.
Langsam injizierte er sich selbst vor dem Spiegel die Elektronikkanüle in sein Gehirn. Er setzte den Helm auf und legte den kleinen Hebel auf "Power" um. Alles war fertig. Wenn es nicht klappen würde, machte er sich wohl nun zum geistigen Krüppel. Doch dann stand sie unbekleidet vor ihm, im gleißend, weissen Licht und streckte ihm ihre zarte Hand entgegen. Über ihnen verlief ein 10spuriger Solar-Highway und Hand in Hand drehten sie sich um und gingen auf eine der unzähligen Gebäudeschluchten, dieser gigantischen Großstadt zu, in der sie nach kurzer Zeit verschwanden. Im Hintergrund tönte der bombastische Sound von "Prelude" von "Dance or Die."
- Er sah die alte Welt nie wieder!


(Thomas Adams 1994)